Bei dem Protyp „Null Grenzkosten“ (Protyp #14) geht es darum, dass bei digitalen Gütern nach der Herstellung (Programmierung) keine oder nur sehr geringe Kosten für die Bereitstellung neuer Einheiten entstehen. Insofern kann man behaupten, dass die Grenzkosten digitaler Güter unbedeutend sind. „Null Grenzkosten digitaler Güter“ bewirkt somit, dass digitale Güter an eine unbegrenzte Zahl Kunden vertrieben werden können.
Was sind Grenzkosten?
Die Grenzkosten eines Gutes sind die Kosten, die entstehen, um eine zusätzliche Einheit jenes Gutes herzustellen.
Was sind die Grenzkosten klassicher Güter und Dienstleistungen?
Klassich betrachtet: Zur (Massen-)Produktion eines Objekts muss zuerst in Maschinen und Werkzeuge investiert werden. Die Unternehmen müssen außerdem Angestellte und Arbeiter anlernen. Diese Kosten sind Investitionen. Andere Fixkosten sind auch zu berücksichtigen, die an sich keine Investitionen sind, zum Beispiel die normale Arbeitszeit der Angestellte.
Doch darüber hinaus gibt es auch Kosten, die bei der Herstellung jedes Objektes anfallen: die Rohstoffe zum Beispiel, oder die Überstunden der Mitarbeiter. Diese Kosten sind „variable Kosten“.
Die Kosten, die für das nächste, neuproduzierte Stück anfallen, sind die Grenzkosten.
Wenn ich für eine neue Produkteinheit nur die Rohstoffe bezahlen muss, sind die Grenzkosten gleich die Rohstoffe. Wenn ich aber für ein neues Stück neue Investitionen betätigen muss, dann beinhalten die Grenzkosten auch diese.
Bei der Produktion von „physischen“ Güter entstehen in den allermeisten Fällen Grenzkosten: Im besten Fall muss man zumindest die Kosten der benötigten Rohstoffe berücksichtigen.
Was sind die Grenzkosten digitaler Güter?
Bei der „Produktion“ von digitalen Gütern entstehen die Kosten im Vornherein. Die „Produkte“ müssen ausgedacht und programmiert werden. Das ist im Zweifelsfall eine hohe Investition. Man denke zum Beispiel an neue, aufwendige Internetspiele oder gar Google Maps mit seinen vielen Satellitenbildern. Doch dann ist das Produkt für alle Menschen mit Internetzugang nutzbar. Eventuell muss die Serverkapazität ab und zu erhöht werden.
Wieso sind die Grenzkosten digitaler Güter gleich null?
Sobald die Investitionskosten gedeckt sind, bringt jeder neue Kunde reinen Gewinn. Somit sind die Grenzkosten digitaler Güter gering oder gar gleich null.
Hohe Investition, niedrige Grenzkosten: Was sind die Konsequenzen?
Der Protyp „Null Grenzkosten“ ist eins von den 22 Protypen, d.h. „Konzepte, Kräfte und Muster“ der digitalen Dominanz.
Das Protyp „Null Grenzkosten“ hat eine große Wirkung auf die Marktsituation. Dadurch, dass Unternehmen upfront große Investitionen machen, können am Markt nur große Player (oder Start-ups mit starken Investoren) mitspielen. Diejenige, die lange am Markt sind, können ihre Produkte sehr günstig oder gratis anbieten. Neue Unternehmen sind somit nur erfolgreich, wenn sie einen echten Mehrwert anbieten können.
Alle Protypen sind im Buch „Digitale Transformationsexzellenz“ nachzulesen.
„Digitale Transformationsexzellenz. Wettbewerbsvorteile sichern mit der Customer Company Excellence Matrix“, 2019, Springer Verlag (Prof. Dr. Steffen Jäckle & Uwe Brüggemann).
Die grundlegenden wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen, die die meisten Geschäftsmodelle in Zeiten der Digitalisierung revolutionieren, werden darin anhand der Dominanz der 22 Protypen erläutert. Die im Buch eingeführte CCX-Matrix ist für Unternehmen ein wertvolles Analyse-Tool, um ihre eigene digitale Strategie neu zu erarbeiten und für die Zukunft erfolgreich zu gestalten.
Autoren:
Uwe Brüggemann ist Unternehmer, Interim Manager und Berater. Er ist Gründer & Geschäftsführer der BM-Experts GmbH in Berlin.
Prof. Dr. Steffen Jäckle lehrt an der Hochschule Ravensburg-Weingarten, Fakultät Technologie & Management und ist als Berater und Key Note Speaker tätig.