Der Trend zu AI-Startups wächst kontinuierlich. Es bleibt einer der lukrativsten Bereiche mit zahlreichen Investoren. Expertise im Umgang mit AI-Technologien und eine steigende Implementierung dieser Tools in den Unternehmensalltag wären somit naheliegend. Doch die Realität weicht noch drastisch davon ab. Fast die Hälfte aller Unternehmen in Europa, die als ‚AI-Startups‘ bezeichnet sind, nutzen in Wirklichkeit kaum AI-Technologien.
Neue Studie
Zu diesem ernüchternden Ergebnis ist eine kürzlich veröffentlichte Studie von MMC Ventures, ein in London ansässiges Risikokapitalunternehmen, gekommen. Sie gewährt uns weitere interessante Einblicke. Für die Studie befragten MMC Ventures 2830 AI-Startups in 13 europäischen Staaten. Laut der Studie definieren lediglich 60% der Unternehmen künstliche Intelligenz als Kern ihres Business-Plans. Wie konnte der Terminus ‚AI‘ (Artificial Intelligence) zum Sammelbegriff für Startups avancieren? Denn manche Startups zielen primär auf den Gewinn von Investitionen ab. Sie positionieren sich trotz des gravierenden Mangels an AI-Expertise an der Spitze.
Kurzum: Es ist nicht immer AI drin, wenn AI drauf steht.
Warum die Diskrepanz bei AI-Startups?
Mangel an Definition
Künstliche Intelligenz ist ein häufig falsch genutzter Begriff. Viele Unternehmen verwenden das Label laut Studie für Computersysteme, die Aufgaben erledigen, die im Normalfall menschliche Intervention benötigen würden. Diese Aussage sei aber nicht korrekt, so MMC.
Unternehmen und Gesetzesgeber hätten mit einem Mangel an einer einheitlichen Definition zu kämpfen. Laut der Europäischen Kommission ist künstliche Intelligenz als Technologie definiert, die Systemen erlaubt das Umfeld zu analysieren und Entscheidungen mit einem bestimmten Grad an Autonomie zu treffen. Für viele Unternehmen im EU-Raum bleibt dies zu vage, wie die Ergebnisse der Studie anschaulich illustrieren. Es bedarf also einer expliziteren und anwendungsorientierteren Definition, an die sich beispielweise die Kommission derzeitig wagt. (Hier ist unsere ‚Definition‘: Artificial Intelligence – Die wichtigsten Grundlagen).
Falsche Klassifizierung
Während der Durchführung der Studie analysierte MMC Ventures jedes der 2830 Unternehmen und die jeweiligen Produkte, Webseiten und Produktdokumente. In einem Interview mit Forbes erklärte David Kelnar, Leiter des Forschungsbereiches von MMC, dass viele der „AI“-Startups, oftmals irrtümlich als solche durch Analytics-Webseiten von Drittanbietern wie Pitchbook, Crunchbase oder CB Insights klassifiziert worden sind. Allerdings gibt es seitens der Unternehmen oftmals keine Bestrebungen, diese Zuschreibung zu ändern – aus Furcht vor ein Mangel an Investoren. Das AI-Label rentiert sich im Endeffekt für Startups, gerade vor dem Hintergrund des steigenden Hypes um künstliche Intelligenz. Immerhin seien laut der Studie 15% bis zu 50% höheres Kapital in der Finanzierungsrunde für AI-Startups im Vergleich zu traditionelleren Unternehmen zu erwarten. Hier kommt dem gezielten Marketing mit dem Schwerpunkt auf AI-Aspekte eine wesentliche Rolle zu. AI soll das Interesse der Investoren wecken bzw. festigen. Etwa ein Viertel der befragten AI-Startups gab hierbei an, dass der Fokus auf Marketing eine hohe Priorität genießt.
Zu simple AI-Tools
Der Report zeigt, dass die tatsächliche Nutzung von künstlicher Intelligenz in Startups auf einer sehr simplen Ebene erfolgt. Einige der beliebtesten Methoden sind u.a. Chatbots (26% der befragten Unternehmen) und Betrugsprävention (21%). In beiden Fällen ist die Frage nach der Nützlichkeit für Kunden schwer zu beurteilen. So sind Chatbots oftmals mühsam zu navigieren. Sie werden häufig mit der Intention genutzt, die Kosten für den Kundendienst zu reduzieren, ohne dabei den Prozess aus der Kundenperspektive zu evaluieren. Während Fraud Detection tatsächlich für Unternehmen und Kunden gleichermaßen wichtig ist, bleibt es eher ein zusätzlicher Service als ein zentrales Verkaufsargument. Nur weil Startups das AI-Argument anführen, muss das nicht bedeuten, dass diese effektiv genutzt wird.
AI-Startups: Weitere Erkenntnisse
UK bleibt Vorreiter, Gesundheitswesen profitiert
Innerhalb Europas beheimatet das Vereinigte Königreich die meisten AI-Startups. Ein Drittel aller Startups befinden sich hier, mit London, Oxford und Cambridge als größte Hubs. Das Profil weist dabei auch hochprofilierte Startups auf. Ein Beispiel ist DeepMind, ein britisches Forschungsunternehmen, das 2014 von Google gekauft wurde.
Der Gesundheitssektor genießt besonders große Popularität unter AI-Startups in Europa. Eines von fünf neuen Firmen setzt demnach seinen Schwerpunkt auf Gesundheit, gefolgt von Branchen wie Finanzwesen, Medien und Einzelhandel. IT-Engineers könnten zukünftig einen größeren Einfluss auf das Gesundheitswesen einnehmen als Ärzte. So sind u.a. neue Möglichkeiten in der Prozessautomatisierung zu erwarten. Der Paradigmenwechsel ist insbesondere spürbar bei rapideren Krankheitsdiagnosen, einer expliziten und schnellen Entdeckung von neuen Medikamenten und der medizinischen Betreuung von nicht-akuten Beschwerden von zuhause aus.
Weitere Aussagen
Weitere interessante Ergebnisse der Studie sind u.a.:
- Europa beheimatet etwa 1600 AI-Startups in der Frühphase. 1 von 12 von ihnen schätzen künstliche Intelligenz als Kern ihrer Value Proposition ein.
- 9 von 10 der Startups setzen die Implementation von AI-Technologien vertikal, sprich als Top-Down-Prozess, durch. Nur 1 von 10 setzen auf eine horizontale, also auf eine allumfassende Implementation in allen Unternehmensabteilungen.
- AI-Startups mangelt es derzeitig an der Verfügbarkeit qualifizierter MitarbeiterInnen, Zugang zu Trainingsdaten und die Schwierigkeit, produktionsreife Technologien zu erzeugen.
Vagheit als Vorteil für AI-Startups
Wenn AI-basierte Software im Unternehmen zum Einsatz kommt, fokussiert sich die Nutzung insbesondere auf die Sprachsynthese, maschinelles Sehen oder um Prognosen und Entscheidungen zu treffen. Während dies einen Hype zugunsten von AI verursacht hat und für Investoren ziemlich verlockend klang, wissen die wenigsten Unternehmen und Investoren bis dato wie künstliche Intelligenz zu nutzen ist. Für einige Startups hat sich diese Vagheit jedoch als Vorteil bewährt, wie die MMC-Studie pointiert verdeutlicht. Nur wenn Investoren in der Lage sind, über den Hype hinaus zu blicken und tatsächlich sich selbst ein Bild von den jeweiligen Unternehmen zu machen, können sie Investitionen zielorientiert tätigen. Das kann sich nachhaltig und positiv auf Entwicklungen in dem Bereich auswirken und einen deutlichen Mehrwert mitbringen. Es bleibt zu hoffen, dass AI-Startups kein kurzlebiges Phänomen sind.
Quo vadis, AI?
Künstliche Intelligenz ist zweifellos zum Buzzword in den Marketingabteilungen avanciert – auch in großen Unternehmen. Allerdings müssen sich Unternehmen bewusst sein, dass der Hype auf der Marketingebene kurzlebig ist und sich nun auf die wahren Stärken und Potenziale von künstlicher Intelligenz fokussieren. Immerhin sollte nicht vergessen werden, dass AI-Tools innovative Lösungen bieten und einen besseren Kundennutzen erzeugen. Es ist ein langfristiger und profitabler Trend, der sich nicht lediglich auf das Marketing reduzieren lassen sollte.
Quelle zur Studie: https://www.stateofai2019.com/
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