Den Flughäfen dieser Welt stehen große Herausforderungen bevor. Obwohl die Passagiere immer zahlreicher werden, sollten die Abläufe so reibungslos wie möglich gestaltet werden. Die Lösung? Der digitale Flughafen macht es möglich.
In dieser Miniserie erklären wir anhand praktischer Beispiele, inwiefern die Digitalisierung der Flughäfen die Lösung der Probleme darstellt, die die Luftfrachtindustrie in der Zukunft zwangsläufig haben wird.
Welche Herausforderungen kommen auf die Flughäfen dieser Welt zu? Als Passagiere nehmen wir oft Flughäfen als Infrastruktur wahr – als notwendiges Übel oder als erste Etappe eines Urlaubs. Was wir oft nicht bedenken: Flughäfen sind Unternehmen. Sie müssen wirtschaftlich arbeiten, das heißt, möglichst profitabel. Und langfristig gesehen müssen sie wettbewerbsfähig sein. Welche strategischen Entscheidungen müssen also die Geschäftsführer und Aufsichtsräte von Flughäfen weltweit treffen, damit sie auch in der Zukunft profitabel bleiben – bzw. erstmal profitabel werden?
Die Wettbewerbsfähigkeit kann sich nur dann entscheidend verbessern, wenn einerseits die Effizienz des Unternehmens und andererseits den Kundennutzen steigern. Um dieses Thema in Zeiten der Digitalisieung von allen Seiten zu beleuchten, wurde mit der CCX-Matrix ein machtvolles Tool entwickelt.
CCX-Matrix: Kundennutzen und Effizienz sind beide essentiel
Die Customer-Company-Excellence-Matrix wurde 2019 von Uwe Brüggemann und Steffen Jäckle in ihrem Buch „Digitale Transformationsexzellenz: Wettbewerbsvorteile sichern mit der Customer Company Excellence Matrix“ vorgestellt. Sie ist ein Tool, um die Faktoren zu beleuchten, die in Zeiten der digitalen Transformation Einfluss auf das Geschäft der allermeisten Unternehmen nehmen.
Laut Brüggemann, U. und Jäckle, S. müssen Unternehmen sich in zwei Aspekten steigern, um weiterhin zu bestehen. Einerseits ist die Effizienz der Leistungserzeugung wichtig, also wie die Produktivität dank digitaler Technologien erhöht werden kann. Andererseits ist der Kundennutzen von großer Bedeutung, denn digitale Technologien verändern die Verhältnisse in dieser Hinsicht rasant. Mit innovativen digitalen Technologien verändern sich die Bedingungen am Markt schnell – und neue, vorher nicht vorhandene Wettbewerber beherrschen in kurzer Zeit die Märkte.
Was bedeutet das aber für Flughäfen? Der „digitale Flughafen“ ist das Stichwort.
Die Effizienz der Flughäfen steigern
Entwicklung der Passagierzahlen
Die Anzahl der Flugpassagiere wird immer größer. Während 2019 etwa 4 Milliarden Passagieren um die Welt jetteten, gehen selbst konservative Prognosen davon aus, dass die 5 Milliarden 2031 erreicht werden. Das bedeutet auf jeden Fall mehr Menschen und mehr Gepäckstücke in den Flughäfen, wahrscheinlich auch mehr Flugzeuge.
Außerdem sind Sicherheitsvorkehrungen aufwendiger geworden, und werden weiterhin hoch bleiben oder steigen. So haben wir einerseits wachsende Passagierenzahlen, andererseits wachsende Anforderungen an den Flughäfen.
Erhöhung der Angebotsseite
Wie kann dieser steigenden Nachfrage entsprochen werden? Die Anzahl der Flughäfen kann man nicht unkompliziert erhöhen. Als Berliner können wir hier ein Lied davon singen, wie schwierig es ist, neue Flughäfen zu bauen! Und wenn man doch, mit Jahren Verspätung, fertig wird, merkt man plötzlich, dass passagierzahlenmäßig zu konservativ konzipiert worden ist…
Nach gängigen Schätzungen wird sich die Zahl der Passagiere und Flugzeuge in den nächsten 20 Jahren weltweit verdoppeln, die Zahl der Flughäfen jedoch nur marginal wachsen.
Erhöhung der Kapazität: Der digitale Flughafen
Die Kapazität der existierenden und auch der wenig neuen Flughäfen muss also aufgestockt werden. Dies ist nur möglich, wenn die Flughäfen ihre Effizienz dramatisch erhöhen. Viele Lieferanten der Flughäfen überlegen aktuell, wie die Prozesse und Abläufe schneller erfolgen können. Maschinen, Infrastruktur, Software müssen modernisiert werden. Welche Bereiche dies sein können, zeigt das Bild von Magnetic, ein leitender Lieferant von Schranken und „Personenvereinzelungsanlagen“, also z.B. Zutrittskontrolle, Kontrollschleusen, Boarding Gates. Ob Boarding, Sicherheitskontrolle, Verkehrslenkung, o.ä.: Es sind viele Bereiche, wo durch intelligente Lenkung und digitale Lösungen die Effizienz erhöht werden kann. Kurzum: der digitale Flughafen ist die Lösung für die Zukunft.
Erhöhung der Effizienz
Dass ein Mangel an Effizienz in der Leistungserzeugung die Kosten erhöht, gilt für Flughäfen genauso wie für alle Unternehmen dieser Welt. Weil die Infrastruktur nicht optimal genutzt wird, sind die Kosten pro Passagier höher.
Es gibt dementsprechend handfeste wirtschaftliche Gründe, die Effizienz der Flughäfen kontinuierlich zu verbessern. Der „digitale Flughafen“ ist ein Weg, die Effizienz zu steigern.
Der Kundennutzen ist ausschlaggebend
Wir haben gesehen, dass jeder Flughafen seine Kapazität dramatisch steigern (und der „digitale Flughafen“ realisieren) muss, um mit der Nachfrage der Zukunft mithalten zu können. Doch geht eine solche Steigerung der Passagierzahlen nicht mit einer gewissen Unzufriedenheit der Passagiere einher? Die Berliner unter uns wissen: Wenn die Flughäfen aus allen Nähten platzen, mündet das in einer unangenehme Reiseerfahrung. Lange Schlangen, Wartezeiten bei der Gepäckabgabe, überfüllte Wartehallen, gestresste Mitarbeiter sind dann die Folge. Und kein einziger Sitzplatz ist frei. Das sind die guten Tage. An den schlechten gerät das ganze System ins Wanken und es kommt zu unerträglichen Situationen und erheblichen Verspätungen. Aber wir haben keine Wahl und die Flughäfen keine echten Wettbewerber… Oder doch?
Die Wettbewerbsfähigkeit der Flughäfen ist doch von Bedeutung
Die Flughäfen dieser Welt müssen sich trotzdem Gedanken über ihre Attraktivität machen. Denn obwohl der Großstadtbewohner i.d.R. einfach vom Flughafen seiner Stadt wegfliegt, gibt es trotzdem zahlreiche Wettbewerber.
Andere Flughäfen können Wettbewerber sein: Wenn ich zwischen Bonn und Düsseldorf wohne, kann ich mich für den einen oder den anderen Flughafen entscheiden. Auch bei Hubs ist das eine große Frage: Will ich lieber über Amsterdam, München, oder Frankfurt von den Vereinigten Staaten nach Berlin zurückkommen? Gar für die Ansiedlung mancher Firmen in einer Stadt ist der Flughafen und die schnelle Erreichbarkeit verschiedener Ziele in der Welt ein wichtiger Entscheidungsfaktor.
Wettbewerber können auch andere Transportmittel sein. Für Flughafenbetreiber Aéroports de Paris ist es nicht unerheblich, dass man mittlerweile in zwei Stunden London, in dreieinhalb Stunden Amsterdam oder gar Marseille (800 km) bequem per Zug erreichen kann.
Wettbewerber findet man aber auch weiter entfernt: Wenn der Reisende sein Weihnachtseinkauf per Smartphone erledigt, statt wie früher in der Flughafenhalle zu shoppen, ist auch Amazon ernstzunehmende Konkurrenz. Oder wenn der Kunde mit Carsharing anstatt wie früher mit seinem Auto anreist, und dadurch dem Flughafen keine Parkgebühren bezahlt, dann ist ShareNow ein Wettbewerber. Eine globale Sicht der Wettbewerbssituation in Zeiten der digitalen Transformation ist also unabdingbar.
Ein Mangel an Schnelligkeit für die Passagiere senkt den Gewinn
Aus Sicht eines Passagieres kann man die Faktoren Zeit, Bequemlichkeit und Sicherheit als Elemente des Kundennutzen betrachten.
Nehmen wir die Variabel „Zeit“: Wenn der Reisende Schlange steht, kann er nichts kaufen. Tatsächlich hat IATA 2017 ermittelt, dass jede Minute, die so verbracht wird, dem Flughafen einen Dollar kostet („non-aviation turnover“). Schnellere Flughafenprozesse generiren also mehr Umsatz.
Den Kundennutzen erhöhen: der digitale Flughafen als Ansatz
Die Reise ist für den Kunden die Reise angenehmer, wenn er weniger Schlange steht: Klar. Es gibt aber weitere Ansätze, den Kundennutzen zu steigern.
99% der Passagiere haben zwar ein Smartphone in der Hand, aber die Flughäfen nutzen diese Tatsache noch nicht ausreichend. Es gibt viele Ansätze, durch Apps das Leben der Passagiere einfacher zu machen. Information ist ein ganz wichtiger Aspekt. Kunden erfahren sehr gerne, ob sie vor Boarding noch Zeit für einen Kaffee haben, oder wie lang sie auf den Koffer warten müssen. Und wenn sie schon in der Flughafen-App sind, kann man sie weiterhin damit beschäftigen…
Dementsprechend kann die App mit der Integration in Omnichannel-Prozesse den Kunden eine Freude machen. Manche Firmen bieten schon Lösungen dafür an, wie z.B. AOE seine OM3-Integrationslösung. Für die Zukunft können diese Überlegungen noch erweitert werden, wie The Future Laboratory darlegt. Wie wäre es, ein Kosmetik-Paket für das Ziel der Reise (zu Ostern Sonnencreme für Tunesien, jedoch Kälteschutzsalbe für Island), in der richtigen Größe und Menge und gleich beim Ankunft-Flughafen – oder gar im Hotel geliefert? Das spart Platz und Gewicht beim Gepäck und das lästige Auspacken der Flüssigkeiten beim Security-Gate. Dies ist nur einer von vielen Ansätzen, den Kundennutzen an den Flughäfen zu erhöhen.
Flughäfen müssen Effizienz und Kundennutzen erhöhen
Angesichts der Entwicklungen in der Welt müssen Flughäfen rasant neue Tools einsetzen, um weiterhin relevant zu sein und profitabel zu bleiben oder zu werden. Sie müssen effizienter werden und sie müssen für ihre Kunden neue Services anbieten, um attraktiv zu bleiben – denn ihre Umsätze kommen aktuell nicht nur von Luftfahrtunternehmen-Gebühren, sondern auch durch andere Services wie Flughafen-Shoppinghallen und -Parkplätze.
Welche Muster (sg. Protypen) sie dabei beachten müssen, erfahren Sie im zweiten Teil dieser Miniserie.
Der digitale Flughafen – die Miniserie
- Die Wettbewerbsfähigkeit der Flughäfen erhöhen
- Konzepte der Digitalisierung
- Technologietrends, die auch da ankommen
- Protypen, die eine weitere Transformation fördern
Wie kann man die CCX-Matrix nutzen?
Viele Beispiele sind im Buch „Digitale Transformationsexzellenz“ zu finden.
„Digitale Transformationsexzellenz. Wettbewerbsvorteile sichern mit der Customer Company Excellence Matrix“, 2019, Springer Verlag (Prof. Dr. Steffen Jäckle & Uwe Brüggemann).
Die grundlegenden wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen, die die meisten Geschäftsmodelle in Zeiten der Digitalisierung revolutionieren, werden darin anhand der Dominanz der 22 Protypen erläutert. Die im Buch eingeführte CCX-Matrix ist für Unternehmen ein wertvolles Analyse-Tool, um ihre eigene digitale Strategie neu zu erarbeiten und für die Zukunft erfolgreich zu gestalten.
Autoren:
Uwe Brüggemann ist Unternehmer, Interim Manager und Berater. Er ist Gründer & Geschäftsführer der BM-Experts GmbH in Berlin.
Prof. Dr. Steffen Jäckle lehrt an der Hochschule Ravensburg-Weingarten, Fakultät Technologie & Management und ist als Berater und Key Note Speaker tätig.