Ist der Vertrieb zu faul? 7 Gründe

Ist der Vertrieb zu faul? Folgt man dem klassischen Argumentationsmuster vieler Führungskräfte, so müssten Vertriebler relativ arbeitsscheu und passiv sein. Doch vielleicht ist an dieser Stelle ein Perspektivwechsel notwendig. Was, wenn Vertriebler nicht faul sind, sondern nicht wissen, wie sie richtig und zielorientiert agieren sollen? Gerade durch den fortschreitenden digitalen Wandel erlebt das Unternehmen einen immensen Umbruch. Auch der Vertrieb bleibt davon nicht verschont und wird mit diversen Umstrukturierungen in der Denk- und Arbeitsweise konfrontiert. Im folgenden Beitrag zeigen wir Ihnen, wieso Vertriebler nicht per se faul sind und welche Rolle dem Unternehmen dabei zusteht.

Vertrieb: zu faul?Grundsätzlich gibt es nur wenige Beispiele, die zeigen, dass Faulheit und Erfolg kompatibel sind. Insbesondere der Verkauf ist ein toughes Metier und will gekonnt sein. Vertriebler sind ständig bemüht, neue Deals zu finden, neue Geschäftsbeziehungen zu etablieren, bestehende Deals abzuschließen etc. Doch wieso wird ihnen stets eine gewisse Faulheit und Bequemlichkeit attestiert?

Ursachen hierfür können variieren, hierzu gehören beispielsweise:

1. Ungeeignete Vertriebsmitarbeiter

In erster Linie sind es Vertriebler, die ungeeignet für bestimmte Unternehmen oder Vertriebsteams sind. Oder andersherum: Die Chemie zwischen beiden fehlt. Dem Vertriebsmitarbeiter mangelt es an der Fähigkeit, genau jenem bestimmten Unternehmen wachsenden Erfolg zu bescheren. Dies hat  wiederum zur Folge, dass sie gelegentlich als faul oder inkompetent  wahrgenommen werden. Das ist aber nicht nur ein Vertriebler-Problem, sondern auch ein Sales Management Problem, da sie offensichtlich die falschen Fachkräfte eingestellt bzw. nicht weitegebieldet haben.

Andererseits gibt es immer wieder einige Vertriebsmitarbeiter, deren Denk- und Arbeitsweise durchaus in die Sparte Bequemlichkeit fallen. So tun sich einige Vertriebler immer noch sehr schwer, Social Media und Social Selling  als Tools in den täglichen Workflow einzubetten. Manchmal scheint aber das Gegenteil der Fall zu sein. Auch wenn ständig neue Tools und Strategien entwickelt werden, um Vertriebsmitarbeiter effektiver zu unterstützen, bedeutet das keineswegs, dass sie nichts mehr verkaufen müssen.

2. Kein umfassendes Coaching

Wenn die Mitarbeiter nicht die besten Wege zum Kunden kennen, wie sie Deal-Strategien entwickeln sollen, den Kundenwert nicht verstehen oder den Kunden durch den Kaufprozess nicht anleiten können, werden sie folglich als faul klassifiziert. Sie betätigen sich habituell ihrem eigenen Wissen und nicht zwangsweise den Mitteln, die erfolgsbescherend sind. Es ist also die Aufgabe des Unternehmen die Tools, das Training und die Arbeitsprozesse dem Vertriebsmitarbeiter näher zu bringen und insbesondere, wie sie diese praktisch umsetzen müssen. Kurz: Es ist die Aufgabe des Sales Management, kontinuierlich seine Mitarbeiter zu coachen.

3. Abkürzungen präferieren

Smarte Mitarbeiter tendieren für gewöhnlich dazu, Abkürzungen zu nehmen. Es liegt quasi in der Natur eines jeden Menschen, nach dem leichtesten Weg Ausschau zu halten. In einigen Fällen kann das zweifellos großartig sein. Gerade wenn diese Abkürzungen das gewünschte Ergebnis „produzieren“, werden diese Methoden zur Best Practice. Ist das allerdings nicht der Fall, verursachen jene Abkürzungen massive Probleme. Das ist im täglichen Vertriebsprozess häufig der Fall: Von Vertrieblern, die nicht dem Verkaufsprozess folgen, die sich auf Kundenanrufe nicht adäquat vorbereiten bis hin zu Vertrieblern, die sich zu wenig Zeit nehmen, um das Kundenproblem zu verstehen. Es ist auch die Aufgabe des Unternehmen darauf zu achten, damit diese nicht zu unproduktiven Gewohnheiten werden.

4. Diffuse Leistungsanforderungen

Vage definierte Leistungserwartungen und Mitarbeiter per se als verantwortlich für die Erfüllung jener Leistungen zu sehen, trägt exorbitant zum Narrativ des faulen Vertrieblers bei. Vielen Sales Mitarbeitern mangelt es an präzisen Leistungsanforderungen und den entsprechenden Maßstäben. Als Folge fehlen ihnen die Rahmenbedingungen, in denen sie ihre Vertriebstätigkeiten evaluieren können. Es ist hier teilweise die Aufgabe des Sales Managements, die Erwartungen zu präzisieren und die Mitarbeiter effektiv zu coachen, damit sie den Anforderungen gerecht werden können.

5. Unrealistische Erwartungen an den Vertrieb

Unrealistische oder auch zu viele Erwartungen sind ein weiterer, problematischer Aspekt. Die Prioritäten variieren konstant. Ziele, die gestern noch von enormer Relevanz waren, sind morgen eventuell nur noch marginal von Bedeutung. Dieser Zustand führt natürlich zu Zweifeln und Verwirrung unter Vertrieblern. Durch eben jene Konfusion tendieren Mitarbeiter weiterhin dazu, ihren zuvor definierten Vertriebsaktivitäten zu folgen. Folglich werden sie als arbeitsscheu getadelt, da sie den Gemütsschwankungen des Sales Managements nicht unverzüglich gerecht werden.

6. Das Internet

Vor nicht allzu langer Zeit hatte der Vertrieb noch die Hoheit über Kundeninformationen. Kunden benötigten die Hilfe der Vertriebsmitarbeiter, um durch den Kaufprozess angeleitet zu werden. Vertriebler bedienten sich jenen Informationen, um den Verkaufsprozess effektiv voranzutreiben. Heutzutage sind Informationen allgegenwärtig. Die Mehrheit der Käufer involvieren die Vertriebsmitarbeiter erst relativ spät, da sie große Teile des Verkaufsprozesses online und quasi ohne Kontakt zum Vertrieb bewältigen (Lesen Sie hierzu unseren Artikel Digitale Transformation im B2B-Vertrieb: Wer den Wandel versteht, gewinnt!). Das Ausmaß an Informationen, die Sales Mitarbeiter heute quasi sammeln müssten, übersteigt das, was vor einigen Jahren noch üblich war. Dennoch müssen sie diese Herausforderung gewissermaßen auf sich nehmen. Doch wie gehen sie souverän mit dem Informationsüberfluss der Kunden um? Sie müssen die Vorteile und Features ihres Produkts verkaufen. Sie müssen den Wert des Produkts erhöhen, sodass die Kunden das Angebot nicht ablehnen können.

7. Ineffizientes Leadership

Einige Sales Manager tendieren aufgrund der wachsenden Komplexität des Vertriebs neuerdings dazu, sich zu alten Gewohnheiten wie übermäßige Kontrolle oder Micro-Management zurückzubesinnen. Das kann massive Nachteile mit sich bringen und sich schädlich auf das Vertriebsklima auswirken. Neben dieser ineffektiven Management-Strategie, passen sich viele Sales Manager – ähnlich wie ihre Mitarbeiter – kaum neuen digitalen Trends an. Noch immer sind Social Media und Social Selling nahezu „unsichtbar“ im Unternehmen. Viele Sales Leader haben ihre Mitarbeiter auf den digitalen Wandel nicht effizient vorbereitet, der sich in den vergangenen Jahren rasant vollzogen hat.

Fazit: Der Vertrieb ist nicht per se faul

Zusammengefasst ergeben sich mit der voranschreitenden Digitalisierung, viele Herausforderungen für Vertriebler. Viele Mitarbeiter wissen nicht, wie man effektive Tools wie Social Selling verwendet, ihnen mangelt es an Knowhow und Informationen im Umgang mit potenziellen Käufern. Aber auch die Sales Leader leben teilweise im dunklen vordigitalen Zeitalter. Die Liste würde sich beliebig weiterführen lassen. Fakt ist allerdings, dass das Argument, der Vertrieb sei faul, zu oberflächlich und simplifizierend ist. Es gibt natürlich immer eine Minderheit im Vertrieb, die zielgerichtet faul agiert. Es sind aber auch fehlende oder vage Digitalisierungsstrategien und auch gewisse veraltete Tools/Strukturen, die den Vertrieb negativ beeinflussen. Die gute Nachricht ist: Es ist noch nicht zu spät für einen Wandel.


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