Die Verzahnung von Sales/Vertrieb und Marketing, beziehungsweise die Verschmelzung dieser beiden Funktionen in einer einzigen Abteilung ist weit von selbstverständlich. Das Ziel ist Smarketing, aber auf dem Weg dorthin müssen die Menschen aus den bisher meistens eigenständigen Abteilungen Sales/Vertrieb einerseits und Marketing andererseits lernen, sich auf einander zu bewegen. Hier werden einige Ideen beschrieben, wie dies passieren kann.
1 Gelegenheiten erschaffen, wo sich Sales/Vertrieb und Marketing treffen
Vertriebschef und Marketing-Abteilungsleiter sehen sich einmal pro Woche beim Vorstandstreffen? Nicht ausreichend, besonders nicht dann, wenn, wie in vielen mittleren bis großen Organisationen, Marketing- und Vertriebsmitarbeiter auch noch physisch getrennt sind.
Die Verzahnung muss tiefer gehen. Da sind alle altbekannten Maßnahmen hilfreich: Menschen beider Abteilungen teilen Büros oder Open-Spaces, zumindest aber die Kaffee-Küche oder den Kicker-Tisch. Es werden Wochenend-Events organisiert, wo Mitarbeiter sich kennenlernen. Eine Jour-Fixe wird ins Leben gerufen. Workshops zu verschiedenen Themen werden veranstaltet: Was auch immer funktioniert, und natürlich immer abhängig davon, was die Unternehmenskultur zulässt. Kleiner Hinweis: der Kicker-Tisch passt vielleicht nicht in der traditionsbewusste Maschinenbaufirma!
2 Sales/Vertrieb und Marketing rufen gemeinsame Buyer Personae ins Leben
Marketing hat womöglich den Markt segmentiert und seine Aktivitäten darauf gerichtet. Die Abteilung hat ein klares Bild davon, welche Produkte und Leistungen zu welchem Teil der Kundschaft passen. Sie hat Hochglanzbroschüren, Messestände und Webauftritt für diese verschiedenen Segmente parat.
Vertrieb wiederum hat einiges Wissen darüber, wohin sich die Anstrengungen am besten lohnen und welche Aspekte der Leistungspalette welchen bestimmten Kunden ansprechen. Sales-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen kennen womöglich nicht wenige persönlich. Sie werden öfters von ihnen kontaktiert und wissen um deren spezifischen Problemen.
Ein guter Start könnte sein, wichtige Mitarbeiter und die jeweilige Abteilungsleiter zusammen zu bringen und ein paar Buyer Personae ins Leben zu rufen, die für beide Abteilungen konsensfähig sind. So kann die Fokussierung beider Abteilungen auf einem gemeinsamen Nenner erreicht werden und somit die Anstrengungen fruchtbarer machen. Natürlich werden diese Buyer Personae in regelmäßige Abstände, z.B. jährlich, revidiert und angepasst. Eine wichtige Kommunikationsbasis entsteht zwischen Vertrieb und Marketing.
3 Sales/Vertrieb und Marketing beraten gemeinsam über Werkzeuge, Inhalte und Dokumente
Wie vorher beschrieben ist es in der Regel die Rolle des Marketings, das meiste Material vorzubereiten. Doch nicht selten geschieht auch, dass ebenfalls die Vertriebsabteilung extrem produktiv ist, sei es, weil sie spezifisches Material für eine bestimmte Gruppe von Kunden braucht, oder weil sie im Zuge von Bid-Verfahren viel über Produkte geschrieben hat. Manchmal hat Vertrieb die Verantwortung für kleinere, spezialisierte Messen, während die Marketing-Abteilung sich um die bedeutendste Messen kümmert. Gelegentlich hat Vertrieb für bestimmte Kunden ein Web-Areal entwickelt, wo bestimmte Informationen zu den Produkten gesammelt werden. Wie auch immer: in der Regel sind in beiden Abteilungen „Contents“ vorhanden.
Die nun wichtige Arbeit ist, ausgehend von den neuen, gemeinsamen Buyer Personae, diese Inhalte zu teilen, durchzugehen, zu beurteilen. Es kann sein, dass wertvolle „Schätze“ in der einen Abteilung entwickelt worden waren, die der anderen total unbekannt waren. In die Zukunft wird neues Material entstehen, das von beiden Abteilungen getragen und benutzt wird. Nach wie vor gilt: Marketing sollte der allgemeinere, Vertrieb den spezielleren Content entwickeln. Doch wenn beide auf die gleichen Buyer Personae fokussiert sind, ist die Chance größer, dass gute, auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Werkzeuge entstehen.
4 Sales/Vertrieb und Marketing treiben gemeinsam die Digitalisierung voran.
Möglicherweise wissen beide, was Digitalisierung bedeutet und wieso sie wichtig ist. Höchstwahrscheinlich hat die Vertriebsabteilung zumindest ein CRM-System. Die Marketing-Abteilung erhöht ihre Effektivität durch SEO. Sie hat mutmaßlich die richtigen Instrumenten zur Optimierung ihrer Social Media-, PR- und Presseaktivitäten.
Sind diese Instrumente koordiniert bzw. kompatibel? Wenn nicht, sollten Sales- und Marketing-Abteilungen gemeinsam auf die Suche nach integrierten oder möglichst integrierbaren Lösungen gehen. Dann können die Datensätze hin und her wandeln. Dann kann der Kunde, der einerseits eine Marketing-Broschüre im Internet downloadet hat, im Userforum eine wichtige Frage gestellt hat und andererseits von einem Vertriebler auf eine Konferenz angesprochen wurde, als eine und dieselbe Person gehandelt werden – mit besserem Wissen über seine Interesse und sein Wissensstand und bessere Qualifizierung als Lead.
5- Smarketing jenseits der Digitalisierung: neue, formalisierte Kontaktpersonen zwischen Sales/Vertrieb und Marketing
Digitalisierung, wie in Punkt 4 praktiziert, vergrößert die digitalen Kontaktflächen zwischen Sales und Marketing. Eine Steigerung der Kontaktpunkten und der Zusammenarbeit zwischen beiden Abteilungen ist aber essentiell zum Erfolg. Formell müssen diese Kontaktpunkte festgelegt werden, zum Beispiel:
- Wer ist verantwortlich dafür, seitens Marketing die Qualifizierung der Leads Richtung Sales vorzunehmen?
- Wer von Marketing kommuniziert über neue Contents, wer von Sales gibt Feedback über die Brauchbarkeit des Contents bzw. der Feedback der Kunden?
- Welche Marketingmitarbeiter sammeln Erkenntnisse über dem Wettbewerb?
- Wer von Sales, wer von Marketing treffen sich regelmäßig zum Content Audit, zur Erstellung der Buyer Personae, etc.?
Nicht nur informelle (Punkt 1), nicht nur digitalisierte (Punkt 4), sondern auch institutionalisierte Kontaktpunkte zwischen beiden Abteilungen sind von enormer Bedeutung.
6- Smarketing: Sales/Vertrieb und Marketing definieren dieselben Kriterien zur Qualifizierung der Leads.
Die Definition darüber, was ein Lead wirklich ist, kann in einer Organisation, wo Marketing und Sales Silodenken praktizieren, abenteuerlich unterschiedlich sein: Hier sieht Marketing als Lead diejenige E-Mail-Adresse, die zum Download eines Whitepapers benutzt worden ist, während Sales schon eine Person mit Name und Telefonnummer, in B2B ein namentlich bekannten Unternehmen noch dazu, braucht.
Dies kann zu Konflikten bzw. Differenzen zwischen beiden Abteilungen, wenn es um das Messen des jeweiligen Erfolgs gegenüber höheren Instanzen geht – wenn zum Beispiel Marketing behauptet, 123 Leads weitergeleitet zu haben, und Vertrieb entgegnet, nichts Neues gesehen zu haben.
Tatsächlich kann es sein, dass diese Diskrepanz davon hergeht, dass Vertrieb einerseits die von Marketing weitergeleitete Leads schon kannte (siehe Punkt 4), andererseits als nicht brauchbar (wenn die Mailadresse nichtssagend ist) oder nicht seriös betrachtet – weil zum Beispiel ein Student ein Whitepaper für seine Diplomarbeit und nicht ein potentielle Kunde die Dokumente downloadet hat.
Eine wichtige Etappe auf dem Weg zum Smarketing ist, dass Sales und Marketing sich darüber einig sind, was ein qualifiziertes Lead ist, zum Beispiel durch ein Punktevergabesystem.
7- Sales/Vertrieb und Marketing verhandeln über neue Kriterien zur Messung ihrer Leistung
Die Definition neuer Kriterien, um die Performance der jeweiligen Abteilung zu messen ist eine Verhandlungssache. Dieser Prozess impliziert zweifelsohne ein großes Vertrauen zwischen beiden Abteilungen bzw. die Moderation eines neutralen Betrachters oder der Geschäftsführung. Tatsächlich müssen nach Punkt 5 neue Erfolgskriterien definiert werden: Wenn der Marketingchef früher im Performance-Report 100 neue Leads festgelegt hatte, kann er sie heute nach neuer Definition des qualifizierten Leads nicht mehr liefern. Von daher müssen diese Erfolgskriterien neu klargelegt werden, sie müssen aber auch für beide Abteilungen passen. Denn wenn die Marketingabteilung sich schon die Mühe macht, extrem gut sortierte und qualifizierte Leads weiterzuleiten, wird sie nicht mehr akzeptieren, dass Sales/Vertrieb als letzte Priorität behandelt, und stattdessen weiter wie früher allein mit den Sales-intern generierten Leads arbeitet.
Performance-Indikatoren für Marketing (Richtung Sales)
Neue Performance-Indikatoren für Marketing (Richtung Sales) könnten zum Beispiel sein:
- Anzahl qualifizierte (über xyz Punkte) Leads pro Monat
- Anzahl brauchbare Inhalte/Contents (z.B. Webseiten, Produktdeskriptionen, Messeauftritten) für bestimmte Buyer Personae
- Prozent an positiven Antworten zu spezifische Content-Bedürfnisse der Sales-Abteilung
Performance-Indikatoren für Sales (Richtung Marketing)
Neue Performance-Indikatoren für Sales (Richtung Marketing) könnten zum Beispiel sein:
- Prozent bzw. Anzahl der von Marketing qualifizierten Leads, die in den Sales-Funnel aufgenommen worden sind
- Durchschnittliche Zeit der Erstkontaktaufnahme nach Erhalt eines qualifizierten Leads von Marketing
- Anzahl der Feedback-Elemente, die zur bessere Qualifizierung der Leads bzw. zur bessere Definition der Buyer Personae führen können
Abhängig von der Branche, dem Grad der Produktkomplexität und der Anzahl der potenziellen Kunden können die Kriterien anders beschrieben werden. Unabdingbar ist aber, dass Marketing und Vertrieb dazu verpflichtet werden, mit der jeweils anderen Abteilung zu arbeiten und deren Input zu berücksichtigen.
8- Weiterführung des Smarketings: Vertriebs- und Marketing-Abteilung verschmelzen
Der Punkt kann bei der nächsten Reorganisation oder aufgrund eines Personalwechsels passieren. Doch wenn so viel Zusammenarbeit nötig ist, kann letztendlich nur Sinn machen, beide Abteilungen unter eine gemeinsame Führung zusammenzulegen. Auf dem Weg dorthin sind so viele Gemeinsamkeiten entstanden (dieselbe Kriterien, dieselbe Digitalisierungsprozesse, dieselbe Buyer Personae), dass der letzte Schritt nur eine Formalität bedeutet.
Die Digitalisierung erfordert das Alignment von Sales/Vertrieb und Marketing: Smarketing ist unentbehrlich, um am Markt bestehen zu können. Gleichzeitig werden dadurch Reibungen im Unternehmen vermieden, Kosten durch gemeinsame Ziele und gemeinsame Tools gespart und bessere Umsätze durch erhöhte Fokussierung ermöglicht. Der Weg dorthin ist nicht einfach und bedeutet viel Arbeit: aber es lohnt sich.