Jetzt wollen wir konkret werden. Nachdem wir in den Teilen 4 und 5 dieser Miniserie strategische Überlegungen vorgestellt haben, geht es nun darum, was Vertriebsleiter tatsächlich tun können. Mit diesen 7 Tipps für Vertriebsleiter können Sie die Corona-Krise als Gelegenheit für Ihr Unternehmen nutzen, Verbesserungen einzuführen.
Miniserie, Teil 6: 7 Tipps für Vertriebsleiter, um die Krisenzeiten zu nutzen
Vertriebsleiter sind an der vordersten Front, wenn es um das Image des Unternehmens geht. Einerseits müsse sie in der Krise um die Umsatzzahlen kämpfen. Andererseits dürfen die Vertriebsmitarbeiter*innen und Kund*innen nicht verunsichert werden. Wir verraten die gerade aktuellsten Tipps für Vertriebsleiter.
Tipp 1 – Zeigen Sie Leadership!
Leadership ist in der Krise elementar. Die Vertriebsmitarbeiter*innen müssen das Vertrauen haben, dass sie sich auf Sie als Vertriebsleiter verlassen können. Dabei sind zwei Regel essenziell und gehören eigentlich zu den wichtigsten Tipps für Vertriebsleiter.
Leadership-Regel 1: Kommunizieren Sie transparent!
Transparenz ist in Krisenzeiten absolut notwendig. Ohne Kommunikation wird die Gerüchteküche angeheizt. Denn Chefs werden gerade in Krisenzeiten beobachtet: Jedes kleine Zeichen wird genau registriert – und interpretiert.
Gerade in Krisen sind wir alle voneinander abhängig; deshalb ist es so wichtig, dass wir uns gegenseitig vertrauen. Dieses Vertrauen hat uns als Team ausgezeichnet und stark gemacht. Deshalb war es für mich selbstverständlich, alle Mitarbeiter so oft und so ehrlich wie möglich zu informieren. Nur wenn alle den gleichen Wissensstand haben, können wir als Team agieren. Ich weiß auf jeden Fall, dass ich mich auch bei zukünftigen Krisen auf meine Leute verlassen kann. Das gibt viel Mut und Kraft für die Zukunft.
Dirk Lange, 3M Managing Director Central Europe,
über die Corona-Krise in seinem Unternehmen, in einem Interview (Harvard Business Manager)
Wir lassen das so stehen: Die positiven Aspekte der transparenten Kommunikation hat Dirk Lange genau erfasst.
Leadership-Regel 2: Seien Sie als Vertriebsleiter*in ein Beispiel!
Wir meinen: Ihr Team orientiert sich an Ihnen als Vertriebsleiter*in. Auch Ralf Komor (DDIM.fachgruppe // Vertrieb & Marketing) meint in einem Beitrag über Resilienz, dass charismatische Leader Menschen in der Krise ganz besonders motivieren. Auch da sind interessante Tipps für Vertriebsleiter zu lesen.
Denn Menschen spiegeln ihr Tun auf das von den Eliten. Erwähnungswert sind noch die verschiedenen Krisenkommunikationsstrategien von Angela Merkel einerseits und Donald Trump andererseits.
Zum Thema Leadership wäre ein eigenständiges Blogbeitrag angemessen. Wir geben stattdessen einen Lektüre-Tipp: Leadership-Regel von Wolfgang Jenewein, Professor in St-Gallen und Leadership-Expert, finden Sie hier.
Tipp 2 – Empowern Sie Ihr Team!
Empowerment ist in Krisenzeiten der Schlüssel zur Weiterentwicklung. Denn es bedeutet für Vertriebsleute zusätzlicher Stress, in kurzen Abständen beim Management zitiert und nach Ergebnissen gefragt zu werden. Die Vertriebler*innen sind es leid, mehr Zeit intern mit dem Verwalten der Erwartungen Ihrer Chefs oder ihrer Innendienst- oder Marketing-Kolleg*innen als mit externen Terminen mit Kunden. (Mehr zum Thema hier). Dagegen erlaubt echtes Empowerment die Entfaltung ungeahnte Potenzialen.
Empowerment-Regel 1: Helfen Sie Ihrem Team, Ängste zu überwinden
Gerade in Krisenzeiten sind alle gestresst und geplagt von Ängsten. Die existierenden Hemmungen verschärfen sich. Also beinhaltet die Rolle des Vertriebsleiters die Aufgabe, Ängste zu nehmen. Denn es ist erlernbar, mit Ängsten umzugehen.
Some of the greatest and most successful salespeople have fear and anxiety. […][selling comfortably and stress free,] it’s a learned skill.
Jonathan Kendall
Empowerment-Regel 2: Coachen, coachen, coachen.
Gute Vertriebsleiter*innen sind diejenige, die ihre Mitarbeiter*innen coachen. Sie schauen nicht nur auf die Endergebnisse, um über die Arbeit der Angestellten zu urteilen. Im Gegenteil suchen sie nach Möglichkeiten, ihre Teams über den ganzen Prozess zu unterstützen. Sie sind eher Vertriebscoach als Erbsenzähler.
Empowerment-Regel 3: Neue, smarte Ziele formulieren
Die Corona- und darauf folgende Krisenzeiten machen es notwendig, neue Ziele zu definieren. Ob die Modalitäten des Vertriebs sich ändern, oder die Vertriebsziele plötzlich unerreichbar sind: Es gibt viele Gründe, die Ziele zu adaptieren.
Eine kleine Erinnerung an dieser Stelle: Die neuen Ziele, genauso wie die alte, sollten SMART sein. Der Vertrieb sollte durch die Ziele motiviert werden, also:
- wissen, was genau erwartet wird und
- woran es gemessen wird (Stichwort KPI),
- den Eindruck haben, dass sie diese Ziele erreichen können;
- Die Ziele sollten angesichts der neuen Bedingungen realistisch sein und
- eine Zeit soll definiert werden, wann die Ziele erreicht sein sollten.
Tipp 3: Nutzen Sie die Krise!
Sie kennen das schon: Nach dem Tsunami bleiben immer diejenige bestehen, die geschickt ihr Boot zwischen den Wellen gesteuert haben – und gleichzeitig ihre Netze geworfen haben.
Die Krisenzeiten sind die Momente, wo alte Zöpfe abgeschnitten werden können: Beherzt zur Schere greifen! Wenn Sie eine neue Organisation brauchen, einen unproduktiven Prozess verändern möchten, eine verlustmachende Produktserie loswerden wollen, ist die jetzige Krise die ideale Zeit. Gerade in Krisenzeiten ist der Moment, wo Menschen bereit sind, Paradigmenwechsel zu akzeptieren. Just jetzt sind sie offen für verrückte Ideen, unübliche Kooperationsmöglichkeiten und ausgefeilte Argumente. Die Steine, die im Weg waren, kann man plötzlich bewegen.
Diese Gelegenheit sollten Sie sich nicht entgehen lassen.
“You never want a serious crisis to go to waste!”
Rahm Emanuel (Barack Obama’s Chief of Staff)
Also starten Sie jetzt aktiv, Ihre Organisation zu bewegen und umzukrempeln. Es gab nie eine bessere Zeit dafür.
Tipp 4: Lenken Sie die Aufmerksamkeit auf das Marketing!
Wenn Sie dabei sind, Strukturen in Ihrem Unternehmen aufzurütteln: Werfen Sie unbedingt einen Blick auf das Marketing. Denn der heutige Customer Journey beginnt im Internet. Vertriebsleiter werden dann erfolgreich, wenn sie eng mit der Marketingleitung kooperieren.
Schon 2019 haben Prof. Dr. Christian Schmitz, Universitätsprofessor für Vertriebsmanagement an der Ruhr-Universität Bochum und Dr. Matthias Huckemann, Geschäftsführer Mercuri International in einer Studie herausgefunden, dass bei 65% der Firmen der Vertrieb das Monopol auf dem Kunden verliert.
Die Ansätze für eine erfolgreiche Selling Journey müssen sich ändern, denn die Kundenhoheit erweitert sich auf zusätzliche Bereiche wie z.B. Marketing, Innendienst, Sales Back Office und Service.
Dr. Matthias Huckemann
Die Corona-Krise hat diesen Trend nur noch verstärkt. Also eins der aktuellsten Tipps für Vertriebsleiter ist, dass sie sich verstärkt mit dem Marketing verzahnen. Wie „Alignment“ geht, hatten wir in unserem Blog beschrieben.
Auch Marketing-Aktivitäten vonseiten der eigenen Mitarbeiter*innen sollte die Vertriebsleitung anregen. Damit meinen wir solche Aktivitäten, die allgemein zur Aufmerksamkeit auf den Produkten und Leistungen des Unternehmens beitragen. Social Media ist längst nicht mehr für die PR-Abteilung reserviert. Der Vertrieb sollte da aktiv werden. Denn 80% des Customer Journey ist schon erledigt, wenn die Kunden den Vertrieb anrufen.
Tipp 5: Treiben Sie die Automatisierung des Vertriebs voran!
Die Automatisierung des Vertriebs wird oft von den Vertriebsmitarbeitern skeptisch betrachtet. Nicht selten haben sie Angst, dabei überflüssig zu werden. Die Krise ist die Zeit, wo Veränderungen noch eher akzeptiert werden – siehe Tipp 3.
Sales-Tools: Für jeden etwas
Es gibt viele Sales- und Marketing-Tools: Scott Brinker’s marketing technology landscape rechnet mit 8000, davon über 1000 nur für den Vertrieb. Nicht jedes Tool ist für B2B sinnvoll. Doch oft ist ein Tool der erste Ansatz, um die Produktivität des Vertriebs zu erhöhen.
Hier möchte ich das B2B-Tool eines Berliner Unternehmens, RIGHT POINT, erwähnen, wovon ich persönlich begeistert bin: Pointman 4.S. Es misst die Wahrscheinlichkeit eines Abschlusses und erlaubt es dem Vertriebsleiter, die Ressourcen auf die aussichtsreichsten Kunden zu konzentrieren.
Welche Tools Sie auch immer benutzen wollen: Das CRM-System spielt für den B2B-Vertrieb die zentrale Rolle.
CRM-Einführung
Beginnen wir mit den Basics. Jedes Unternehmen sollte ein CRM-System haben. Falls Ihr Unternehmen keinen CRM benutzt, ist es höchste Zeit, eines einzuführen. Eine Liste der beste CRM-Systemen für kleine Unternehmen finden Sie zum Beispiel hier.
Machen Sie das Beste aus Ihrem CRM!
In den allermeisten Unternehmen ist ein CRM da – aber wird sein Potential ausgenutzt? Oft ist die Akzeptanz des CRM zu niedrig: Wir hatten dazu eine Miniserie geschrieben. Als eins der wichtigsten Tipps für Vertriebsleiter gilt: Tun Sie alles, damit Ihr Vertriebsteam das CRM wirklich liebt! Sonst werden anstelle des CRM heimlich Excel-Listen und private Adressbücher genutzt.
Außerdem – stellen Sie sicher, dass so viele Aktivitäten wie möglich vom CRM automatisch erfasst werden. Denn kein Vertrieb sollte mit der CRM-Pflege wertvolle Zeit verlieren… und doch ist die Qualität der Daten im CRM elementar!
Tipp 6: Ermuntern Sie ihr Team, alte, verlorene Kunden anzurufen!
Gerade jetzt ist die beste Zeit, wieder Kontakt aufzunehmen. Denn in der Corona-Krise ist vielleicht mancher Zulieferant nicht so zuverlässig gewesen, wie Ihr Potenzialkunde sich das vorgestellt hat. Plötzlich realisieren Unternehmen, dass sie sich beim Einkauf strategisch neu orientieren wollen, nachdem die Lieferungen aus Indien oder China ausgeblieben sind.
Siehe Tipp 3: Bei manchen Prinzipien, die bei Ihren verlorenen Kunden felsenfest im Weg standen, ist plötzlich Bewegung möglich – wie zum Beispiel: „Wir nehmen immer das billigste Angebot!“.
Alte, verlorene Kunden zu kontaktieren braucht Überwindung. Aber jetzt haben Sie eine großartige Gelegenheit, dies zu tun. Und mit unseren 10 Fragen (im ersten Beitrag dieser Miniserie) kann nichts schiefgehen.
Tipp 7: Helfen Sie in Zeiten, wo Sie nichts zurückbekommen!
Vertrieb ist oft abhängig von der Qualität der Beziehung. Diese wird merklich besser, wenn sie auf gegenseitige Hilfe und Vertrauen beruht.
Deswegen ist es eine gute Zielsetzung, Ihren Kunden jetzt zu helfen. Dieses Prinzip ist besonders dann wichtig, wenn Sie von denen nichts zu erwarten haben. Denn gerade da wird sich der Kunde besonders an Sie persönlich erinnern.
Das zählt übrigens auch für Ihre Mitarbeiter*innen: Denn es könnte sein, dass der vormals erfolgreiche Vertriebsmitarbeiter und Vater von kleinen Kindern jetzt mangels passender Betreuung die Zahlen nicht bringt. Wenn er merkt, dass die Leitung da bereit ist, ihn zu helfen, wird er eher nach der Krise im Unternehmen bleiben – mit hoher Motivation.
Nach der Krise ist vor der Krise
Nach der Corona-Krise ist vor der Wirtschaftskrise. Die besten Vertriebsleiter werden die Krise nutzen, um einen Wandel in ihrem Unternehmen zu erreichen. Wir hatten in den Beiträgen 3, 4 und 5 dieser Miniserie dazu Stellung genommen, wie das am besten passiert. Nutzen Sie unsere Tipps für Vertriebsleiter!
Die beste Zeit ist jetzt.
Der mit Abstand beste Vertrieb in der Corona-Krise, die Miniserie
Bisher erschienen:
- Diese 10 Kunden-Fragen sollte der Vertrieb stellen
- Den menschlichen Kontakt halten – Zeit für digitale Nähe
- Schnelle Digitalisierung – Die Zeit nutzen vor dem zweiten Tsunami
- Strategische Entscheidungen treffen – Das Wichtige vom Dringenden unterscheiden
- Richtungsänderung für Ihr Unternehmen? – Umstellung des Business Modells meistern
- 7 Tipps für Vertriebsleiter, um die Krisenzeiten zu nutzen (dieser Artikel)
Über den Autor:
Uwe Brüggemann ist Geschäftsführer der BM-Experts, Interim Manager, Buchautor und Keynote-Speaker. Zu seinen Stärken zählt die Fokussierung des Vertriebs auf Kundenbedürfnisse. Seit über 20 Jahren im B2B-Management bringt er reellen Mehrwert besonders da, wo neues Denken erforderlich ist: in der digitalen Transformation, bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle oder bei der erfolgreichen Einführung neuer Produkte.
Bei diesen Themen brilliert, überzeugt und begeistert er – immer mit Sales Excellence im Fokus.
Uwe Brüggemann ist DDIM-Mitglied und Leiter der DDIM.regionalgruppe // Berlin-Brandenburg.
Mehr unter bme.digital
Dieser Artikel ist Teil der Initiative Vertriebshygiene der DDIM.fachgruppe Vertrieb & Marketing
Über die Fachgruppe Vertrieb & Marketing bei der DDIM
Die DDIM.fachgruppe Vertrieb & Marketing sieht sich als das Rückgrat der Interim Manager für Vertrieb & Marketing innerhalb der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management e.V..
Das Expertenteam arbeitet inhaltlich an ausgewählten Fragestellungen aus Vertrieb und Marketing.
In den Vertriebshygiene®-Fachimpulsen werden verschiedene Blickwinkel eingenommen, die den Nutzen des Interim Managements an gezielten Einzelthemen für Vertriebsleiter aufzeigen. Unternehmer werden darüber aufgeklärt und sensibilisiert, welche Potenziale sich mit Interim Managern erschließen lassen.
Mehr unter DDIM Fachgruppe Vertrieb & Marketing
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