Basics Produktmanagement (3): Die Entstehung der Produktidee

Wie entwickeln sich Ideen für bahnbrechende Produkte? Und was sind dabei die größten Herausforderungen? Denn verschiedene Menschen im Unternehmen haben klare Vorstellungen, leider nicht immer die gleichen. Wie der Produktmanager die perfekte Produktidee findet, ist hier Thema.

Aus der Serie „Basics Produktmanagement“ Produktideen: Wie entstehen die Besten? Die Rolle der Produktmanager in der Entwicklung neuer ProduktideenIm zweiten Beitrag unserer Blogreihe über Produktmanagement haben wir die verschiedenen Aktivitäten entlang des Produktlebenszyklus beschrieben. Dabei haben wir ganz am Anfang in einem kurzen Absatz die Entwicklung der Produktidee gesetzt. Doch diese ist vielleicht die spannendste Aufgabe des Produktmanagers, denn sie sichert die Zukunft des Unternehmens.

Doch erst einmal stellt sich die Frage: Wozu überhaupt Produktideen? D.h. warum neue Produkte entwickeln, wenn die aktuelle blendend funktionieren?

Wozu ein neues Produkt?

Sagen wir mal: Dem Unternehmen geht es aktuell ganz gut, die Kunden kaufen. Aber die Zukunft ist immer anders: Die Welt dreht sich weiter. Die Kunden des Unternehmens haben selbst neue Projekte, neue Ideen.

Alles beginnt mit den Kunden

Der Produktmanager fängt mit der Marktbeobachtung an:

  • Was braucht der Markt auf lange Sicht?
  • Wo sind die Probleme meines Kunden?
  • Was brauchen die Kunden meines Kunden, wie sieht ihre Welt aus jetzt und in der Zukunft?
  • Was macht das Wettbewerb?
Customer Companx EXcellence Matrix

Bei der Marktbeobachtung die Kunden und die Wettbewerber beachten: Für digitale Produkte haben Uwe Brüggemann und Prof. Dr. Steffen Jäckle mit der CCX-Matrix sichtbar gemacht, dass nur Unternehmen, die sowohl ihre eigene Effizienz als auch einen hohen Kundennutzen im Fokus haben, auf lange Sicht erfolgreich bleiben können. Neue Produkte sollten immer den Kundennutzen im Fokus haben, aber allmählich ist eine effiziente Leistungserzeugung unabdingbar.

Der Produkt-Manager sollte als Kern seiner Rolle dieses Verständnis entwickeln.

Wie passt die Marktentwicklung zu den eigenen Fähigkeiten?

Der Markt und seine Entwicklung sind wichtige Faktoren. Doch sie sind nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen steht das eigene Unternehmen und dessen Expertise. Das Produkt sollte im Einklang mit den Fähigkeiten des Unternehmens und seinen Kernkompetenzen stehen. Und natürlich hält der Produktmanager eine Verbesserung der Kostenstruktur und der Kern-Abteilungen, die für das eigenen Produktbereich relevant sind, im Blick.

Stolpersteine auf dem Weg zum Markt

Bei der Entwicklung von Produktideen gibt es drei Hindernisse, die man umschiffen sollte:

  • Wenn eine Produktidee realisiert wird, noch bevor ihre Zeit gekommen ist, bringt es nichts – das Produkt wird dann nicht verkauft.
  • Eine Produktidee, die technisch nicht realisierbar ist, wird nicht realisiert – aber davor viele Ressourcen versenken. Oder sie wird sehr spät realisiert. Da sind sowohl Wettbewerber als Kunden weiter.
  • Wenn die Produktidee keinen Sponsor an den entscheidenden Stellen im Unternehmen hat, hat sie keine Chance, realisiert zu werden.
Luftschloss im AI Design?

Luftschloss? Ganz speziell für den Bereich KI haben Thomas Bierhance und Burkhard Hoppenstedt beschrieben, wo man landet, wenn man einen der Bereiche Motivation, Kundennutzen und Fähigkeiten im Unternehmen vergisst: nämlich bei Aschenputtel, im Elfenbeinturm oder im Luftschloss.

Um neue Produktideen zu finden, sind somit oft ganze Teams aus verschiedenen Abteilungen (oder gar darüber hinaus) notwendig. Dabei muss die Kommunikation stimmen. Das ist ein erster Rolle des Produktmanagers: Er muss den Kommunikationsfluss zwischen den verschiedenen Abteilungen steuern und befördern.

Das Umfeld im ständigen Wandel

Auf der einen Seite ist es die Transformation des Umfelds, des Markts, der Bedingungen. Die Betrachtung von Megatrends und die daraus resultierenden Maßnahmen ist eine ständige Aufgabe des Produktmanagers. Er sollte vielseitig interessiert sein. Der Blick über den Tellerrand ist eine Eigenschaft, die gute Produktmanager auszeichnet.

Digitale Transformation

Definition Protyp: 22 Protypen

22 Protypen, die für die digitale Zukunft relevant sind, definieren Brüggemann und Jäckle im Buch Digitale Transformationsexzellenz . Diese können auch als Impulse dienen: „Was bedeuten die Protypen für mein Geschäftsmodell?“. Der gleiche Effekt kann durch Kunden-, Partner- oder Messebesuche, Meet-Ups, Bücher, Podcasts etc. hervorgerufen werden… wenn der Produktmanager sich dabei die richtigen Fragen immer wieder stellt, z.B.: „was bedeutet diesen Trend für mein Produktbereich?“.

Die Digitale Transformation ist ein Beispiel dieser ständigen Umbrüchen. Auf einer Seite sind die Erwartungen. Die Menschen – Kunden sowie Partner oder Mitarbeitende – wollen immer mehr die einfache digitale Art. Auf der anderen Seite sind die Möglichkeiten von Bedeutung: Was sind aktuell die Innovationen am Markt? Was kann KI in unserem Umfeld vereinfachen oder erkennen, könnte 3D-Druck etwas an unsere Produkten oder für unsere Verfahren verändern? Wurden in „parallelen“ oder ähnlichen Industrien, in anderen Ländern digitale Innovationen oder Neuigkeiten eingeführt, die für uns auch relevant sein könnten?

Standardisierung und Individualisierung

Auf dem ersten Blick gehen diese zwei Trends in entgegengesetzte Richtungen.

Einerseits zielt die Standardisierung (in der Produktion) darauf, die Kosten zu senken. So erlauben standardisierte Produkte und Prozesse eine Effizienzsteigerung der Leistungserzeugung.

Portfoliooptimierung kommt nach der Krise

Zu den Trends Digitalisierung und Modularisierung im Produktmanagement haben wir in unserer Blogreihe zum Thema Produktportfolio einen Artikel gewidmet. Hier finden Sie mehr Information.

Andererseits verlangen immer mehr Kunden eine bestimmte Exklusivität – oder gar personalisierte Produkte.

Diese beide Trends, zusammen betrachtet, bringen uns direkt zum Trend Modularisierung. Im heutigen Produktmanagement ist es ratsam, Ideen für eine höhere Modularität der Produkten zu suchen.

Energie-Krise, Klimakrise, Fachkräftemangel und andere Krisen

Die aktuellen Krisen brauchen ständig neue Antworten. Neue Produktideen können durch die gezielte und organisierte Suche nach Lösungen auf die Problemen der Welt entstehen. Denn wer zu existenzbedrohenden Problemen Lösungen bringt, hat gute Chancen auf Erfolg.

Der Stoff, aus dem eine Produktidee entsteht

Vom Typus her ist der Produktmanager ein Problem-, Bedürfnis-  und Ideensammler.

Der Produktmanager sollte sich für die Probleme und Bedürfnisse  der Kunden, des Markts und letztendlich der Welt interessieren. Andererseits sollte er sich ein breites Wissen um den Möglichkeiten der verschiedenen Technologien aneignen. Dieses breitgesteuerte Interesse erhöht die potenzielle Serendipität oder die Chance, dass man mit ausgefallenen Ideen in Kontakt kommt.

Denn was der Markt will, ist nicht einfach eine Produktidee:

Am Markt werden nicht mehr Produkte nachgefragt, sondern komplexe Problemlösungen und Leistungen.

Klaus J. Aumayr in „Erfolgreiches Produktmanagement.
Toolbox für das professionelle Produktmanagement und Produktmarketing.“

Design Thinking, Business Modell Generation, Value Proposition Design

Zukünftige profitable Produkte zu gestalten ist eine systematische Aufgabe. Jeder hat seine eigene Lieblingsmethoden, wenn es darum geht, im Unternehmen kreativ zu werden.

Persönliche Favoriten kann ich gerne auflisten:

Tipps Produktmanagement: In diesem Evergreen schreiben wir, wie Produktmanager erfolgreich bleiben. Im unteren Bereich des Artikels sind auch nützliche Referenzen und Links versammelt. Die Liste wird regelmäßig erneuert.

Gemeinsam haben diese Favoriten, erstens dass das Komplizierte verständlich und klar dargestellt werden sollte. Und zweitens, dass der „Kunde“, also derjenige, wofür die Idee entwickelt wird, wirklich im Zentrum des Geschehens gemacht wird.

Co-Creation: Wie der Kunde Teil des Teams wird.

Wirklich im Zentrum des Geschehens ist der Kunde, wenn er bei der Entwicklung neuer Ideen buchstäblich dabei ist. So stellt der Produktmanager sicher, dass man nicht über ihn, sondern wirklich mit ihm spricht.

Besonders erfolgreich haben sich zum Beispiel Lead User Workshops erwiesen. In diesem Element der Lead User Methode treffen folgende Menschen (idealerweise jeweils 5) aufeinander:

  • Lead User (Kunden, die das Produkt auch nutzen, also nicht nur direkt aus der Einkaufsabteilung
  • relevante Mitarbeitenden
  • Experten aus einem benachbarten Bereich

In 2 Tagen in einer Klausur (also nicht in den Büros des eigenen oder Kundenunternehmen) entwickeln sie 3 bis 5 konkrete Ideen.

Es gibt natürlich eine Vielzahl anderer effizienten Methoden.

Im Buch “Chefsache strategisches Vertriebsmanagement“ beschreibt Ralf Komor zum Beispiel eine gelungene Customer Co-Creation.

In der Chefsache-Reihe: strategisches Vertriebsmanagement

Im Buch Chefsache strategisches Vertriebsmanagement erklären 11 Interim Manager in 14 lesenswerte Kapitel, wie Vertrieb strategisch angegangen wird. Ralf Komor erklärt im Kapitel 6 Customer Co-Creation. Und im Kapitel 2 erklärt Uwe Brüggemann, wie der Wert von digitalen Produkten bestimmt wird.

In seinem Beispiel zeigt er, wie 25 Nutzer in einem zweitägigen Co-Creation-Workshop Kundenbedürfnisse identifizierten. Diese wurden dann anhand agile Projektmanagement-Prinzipien weiterentwickelt und als Prototypen produziert, dann verbessert und letztendlich realisiert.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Da entwickelt das Unternehmen wirklich für die Bedarfe der Nutzern. Und welcher Kunde hat sonst schon Zeit, zwei komplette Tage mit dem Lieferanten zu verbringen? In dem Fall macht er das doch, weil das für ihn letztendlich einen Vorteil bringt. Die Workshops sind also für Unternehmen eine hervorragende Gelegenheit, mit den Kunden zu netzwerken.

Mit welcher Methode auch immer: Es ist stets eine gute Idee, wichtige Kunden zu involvieren.

Systematisches Innovationsmanagement

Die Entstehung einer Produktidee ist kein zufälliges Prozess. Das Produktmanagement muss die Bedingungen kreieren, die zur Identifizierungsmaschine und Systematik für neue Produktideen führen.

Produktideen müssen also entstehen können aber auch weiter so klassifiziert werden, dass der Produktmanagement systematisch darauf zurückgreifen kann. Ein Wissensmanagementsystem für Ideen ist da hilfreich, damit man weiß, wo die Ideen versteckt sind, wenn man sie braucht.

Denn

„Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist“

Victor Hugo

Ist die Zeit reif für meine Produktidee? Vielleicht nicht, aber wenn sie gut „aufgeräumt“ ist, findet man sie später wieder.

Es ist so wie die besondere Schraube in der Werkstatt. Braucht man sie nicht, muss man sie gut aufräumen, am besten in einem gut durchdachten System und mit Referenz. Denn wenn der Handwerker sie benötigt, hat er sie sofort und muss nicht zum Baumarkt fahren und eine neue kaufen. Lässt man sie aber lose in der Werkstatt herumkullern, ist sie garantiert für immer verloren.

Also: Für die Werkstatt der Ideen muss der Produktmanager eine gute Systematik einführen. Die Ideen müssen gut auffindbar am Platz liegen… und ab und zu muss aufgeräumt und Ideen-Inventar gemacht werden.

Darüber hinaus organisiert er regelmäßig „Bastel-Events“, wo die letzte Tools vorgestellt werden, die Bedürfnisse der Kunde artikuliert werden und damit an neuen Ideen gefeilt wird. Daraus entwickelt sich eine gute Atmosphäre, wo innovative und wirklich brauchbare Ideen entstehen.

Interim Manager im Produktmanagement Einsatzbeispiele: Produktmanagement aufbauen/optimieren Produktportfolio-Optimierung Modularisierung des ProduktangebotsNichts anderes bewirkt systematisches Innovationsmanagement.

Die Produktidee ist nur der Anfang

Wir haben die Entstehung der Produktidee als Prozess gezeigt. Das ist aber nur ein kleiner Aspekt des Arbeitsgebiets des Produktmanagers. Weitere werden wir im Laufe dieser Serie zeigen.

Genaueres erfahren Sie im nächsten Blogbeitrag dieser Serie.

Basics Produktmanagement: Die Blogserie

  • 1. Teil: „Und was machst Du denn so?“
  • 2. Teil: Was macht der Produktmanager tatsächlich?
  • 3. Teil: Die Entstehung der Produktidee (dieser Artikel)
  • 4. Teil: Den Business-Case erstellen

Ausschau

  • Pflichtenheft und Härtegrade
  • Die Aktivitäten entlang der Produktzyklen
  • Die Besonderheiten von Produkten mit digitalem Anteil
  • Unterschiede zu anderen Unternehmensfunktionen
  • Bedingungen für den Erfolg als Produktmanager
  • Beispiele für den Einsatz von Interim Managern im Bereich Produktmanagement

Über den Autor:Share on linkedin

Uwe Brüggemann Interim Manager BerlinUwe Brüggemann ist Geschäftsführer der BM-Experts, Interim Manager, Buchautor und Keynote-Speaker. Zu seinen Stärken zählt die Fokussierung des Vertriebs auf Kundenbedürfnisse. Seit über 20 Jahren im B2B-Management bringt er reellen Mehrwert besonders da, wo neues Denken erforderlich ist: in der digitalen Transformation, bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle oder bei der erfolgreichen Einführung neuer Produkte. Bei diesen Themen brilliert, überzeugt und begeistert er – immer mit Sales Excellence im Fokus.

Uwe Brüggemann ist DDIM-Mitglied und Leiter der DDIM.regionalgruppe // Berlin-Brandenburg.


BM-Experts:

BM-Experts GmbH: Den Kundennutzen steigern Gute Ideen sind wichtig, doch die Umsetzung ist entscheidend. Dank unserer Erfahrung im B2B-Vertrieb wissen wir, wie neue Business-Modelle schnell zum Kunden gebracht werden. Wir helfen Unternehmen, den Blickwinkel zu erweitern und die Strategie in Zeiten der Digitalen Transformation zukunftsfähig zu gestalten.

Mehr unter bm-experts.de

© Beitragsbild: Chris Matthews, www.pexels.com